Wenn in der hektischen Arbeitswelt von Belastungen die Rede ist, fällt früher oder später ein zentraler Begriff: Burnout. Dieser beschreibt ein Erschöpfungssyndrom als Folge von chronischer Überforderung am Arbeitsplatz. Doch vielen ist nicht bekannt, dass Burnout auch einen Gegenpol hat – einen wenig bekannten Zwilling, wenn man so will, der ebenfalls zu ausgeprägtem Belastungsempfinden führen kann, jedoch ganz anders entsteht: das Boreout.
Was ist Boreout?
Boreout leitet sich vom englischen Verb to bore ab, was sich langweilen bedeutet. Als ein arbeitsplatzbezogenes Phänomen spricht man von einem Boreout (in Anlehnung an ein Burn-out), wenn chronische Langeweile sowie Unterforderung am Arbeitsplatz vorherrschen. Dabei erlebt man die eigene Arbeit als einen Bereich geringer Anforderungen. Auch das Gefühl von Sinnlosigkeit kann bei der Bewertung der eigenen Arbeit eine Rolle spielen. Im Gegensatz zum Burn-out resultiert ein Boreout jedoch aus einem Mangel an herausfordernden Aufgaben, gepaart mit dem Fehlen beruflicher Erfüllung und Möglichkeiten individueller Entwicklung. Mitarbeitende, die unter einem Boreout leiden, fühlen sich oft unzufrieden, demotiviert und frustriert. Kurzum: Betroffene langweilen sich in eine innere Erschöpfung.
Wie verbreitet ist Boreout?
Im Rahmen einer kürzlich veröffentlichten repräsentativen Studie der Pronova BKK mit dem Titel „Arbeiten 2023“ wurden 1.204 Arbeitnehmende ab 18 Jahren online befragt. Ziel der Studie war es, Einblicke dahin gehend zu bekommen, wie Arbeitnehmende Stress und Arbeitsklima wahrnehmen, wie sie mit Erkrankungen umgehen und welche Benefits Unternehmen ihnen in der Zukunft bieten sollten. Die Ergebnisse zeigen, dass 11 % aller Erwerbstätigen innerhalb der letzten 12 Monaten eine Boreout-Erfahrung gemacht hatten. Die Schweizer Unternehmensberater Philippe Rothlin und Peter Werder schätzen in ihrem Buch „Diagnose Boreout “ den gesamtwirtschaftlichen Schaden durch Boreout in Deutschland mit über 250 Milliarden Euro ein. Auch wenn der Begriff vielen noch unbekannt sein mag, verdeutlichen diese Zahlen, dass das Phänomen Boreout ein realer Bestandteil der Arbeitswelt ist. Daher lohnt es sich, das Thema im Blickfeld zu haben.
Warnsignale: Woran erkennt man ein Boreout?
Die folgenden Warnsignale können eine erste Orientierung zur Einschätzung dafür bieten, ob das Risiko für ein Boreout vorliegt. Betroffene erleben entlang ihres Arbeitstages große zeitliche Freiräume und versuchen, diese Zeit durch Privates zu füllen. Auch empfinden sie kein Interesse an ihrer Arbeit und fühlen sich daher oft gelangweilt oder unterfordert. Zudem spielen sie den anderen vor, dass sie viel zu erledigen haben. Teilweise machen die betroffenen Personen dies, indem sie ihre vorhandene Arbeit „strecken“ oder bewusst langsamer arbeiten als eigentlich nötig und gelegentlich sogar Überstunden wahrnehmen. Am Ende eines Arbeitstages fühlen die Betroffenen sich erschöpft, obwohl sie keinen stressigen Arbeitstag hatten. Sie fühlen sich unglücklich und sehen keinen tieferen Sinn in ihrer Arbeit. Am liebsten würden sie den Job wechseln, doch unterschiedliche Gründe (z. B. finanzielle) halten sie davon ab. Sollten Personen in Verbindung mit diesen Warnsignalen eine ausgeprägte und nicht erklärbare Belastung empfinden, kann das ein Hinweis auf das Vorliegen eines Boreout sein. In diesem Fall schafft eine professionelle Abklärung Abhilfe.
Tipps, um dem Boreout zu entkommen
Offene Kommunikation
Auch wenn das zunächst für Unbehagen sorgt, kann ein offenes Gespräch mit der Führungskraft ein entscheidender Schritt sein. Schildern Sie Ihre Eindrücke zur Arbeitssituation! Bringen Sie konkrete Veränderungswünsche ein! Orientieren Sie sich dabei an Ihrem Bedarf bzw. Wunsch nach weiteren Aufgaben bzw. Herausforderungen.
Berufliche Weiterentwicklung
Erweitern Sie Ihr Kompetenzfeld durch eine berufliche Weiterentwicklung. Bieten Sie sich in diesem Zusammenhang für weitere Aufgabenfelder an. Sorgen Sie damit für vielschichtige Einsatzmöglichkeiten.
Erfüllende Aktivitäten in der Freizeit
Verfolgen Sie in der Freizeit Aktivitäten, bei denen Sie Erfüllung erleben. Wie wäre es mit einem anspruchsvollen Hobby oder dem Erlernen eines Musikinstruments? Setzen Sie sich erreichbare Ziele. Der dabei empfundene positive Stress kann eine wichtige Schutzfunktion einnehmen.
Selbstwert stärken
Sie sind mehr als die Arbeit, die Sie leisten. Umgeben Sie sich mit Menschen, die Ihnen dieses Gefühl vermitteln. Gestalten Sie Ihre Freizeit proaktiv und selbstbestimmt als Ausgleich zur Arbeit. Auch eine ehrenamtliche Betätigung ist hierbei mitunter eine wertvolle Ergänzung.
Neuanfang wagen
Verändert sich Ihre Empfindung trotz allem nicht zum Positiven, ist womöglich ein Neuanfang die ersehnte Lösung. Dieser kann sich auf eine neue Abteilung oder einen neuen Arbeitgeber beziehen. Mit einem Job, der besser zu Ihnen passt, werden chronische Unterforderung sowie Langeweile langfristig kein Thema mehr sein.
Fazit
Boreout zählt zu den arbeitsplatzbezogenen Belastungsphänomenen. Seine individuellen und volkswirtschaftlichen Auswirkungen sind vergleichbar mit jenen des Burn-outs. Das Gefühl von chronischer Unterforderung und Langeweile am Arbeitsplatz stellt ein ernstes Gesundheitsrisiko dar. Ein offener Austausch kann den ersten Stein zur Lösungsfindung ins Rollen bringen. Denn ein Boreout ist ein Zustand, der verändert werden kann und auch sollte.